"Studieren was man will", François Biltgen au sujet de la Foire de l'étudiant

Tageblatt: Welche Rolle spielt die "Foire de l'étudiant" im gesamten Orientierungsprozess?

François Biltgen: "Die 'Foire de l'étudiant' ist ein Element der Orientierung. Ein Element, auf das man nicht verzichten kann, mit dem alleine es aber nicht getan ist. Vor allem in den klassischen Lyzeen klagen die Schüler darüber, nicht genug Informationen über die Berufswelt zu erhalten. Hiervon konnte ich mich selbst in meiner ehemaligen Tätigkeit als Arbeitsminister überzeugen. Nach der "lre" beginnen viele Jugendliche ein Studium, ohne sich die Frage zu stellen, wohin dieses Studium aus beruflicher Sicht eigentlich führt. In diesem Zusammenhang spielt die Studentenmesse eine wichtige Rolle. Denn die 'Foire de l'étudiant' ist die große Gelegenheit, sich mit den unterschiedlichsten Universitäten, aber auch mit Studenten über die verschiedenen Studien auszutauschen. Dies setzt allerdings voraus, dass die Jugendlichen sich bereits im Vorfeld erste Gedanken über ihre Interessen oder Studienpläne machen. Der Idealfall wäre dann auch, dass die Messe in der Klasse vorbereitet und die Schüler nicht nur in der Luxexpo für einige Stunden abgeliefert würden."

Tageblatt: In diesem Jahr stehen die Geisteswissenschaften im Mittelpunkt der "Foire de l'étudiant". Dies obwohl die diesbezüglichen Studiengänge sich nicht über mangelnden Zulauf beschweren können ...

François Biltgen: "Seit nun sieben Jahren stellen wir im Turnus immer eine bestimmte Studienrichtung in den Vordergrund. In diesem Jahr fiel die Wahl auf die Geisteswissenschaften. Dies weil die diesbezüglichen Studien immer etwas verpönt sind. Obwohl oder vielleicht weil zahlreiche Jugendliche sich für diese Richtung entscheiden. Dabei ist es einfach wichtig, den angehenden Studenten zu erklären, wohin geisteswissenschaftliche Berufe führen. Es geht bei der diesjährigen Messe vordergründig also nicht darum, Werbung für die 'sciences humaines' zu machen, sondern vielmehr darum, die Flut an Studenten ausführlich zu informieren und demnach richtig zu orientieren."

Tageblatt: Sollte die Orientierung demnach so früh wie möglich erfolgen? Oder anders gefragt: Ab welcher Klasse sollte man die "Foire de l'étudiant" besuchen?

François Biltgen: "Die Studentenmesse wendet sich an alle Schüler ab einer "12 c" bzw. einer "2 e". Ideal ist, wenn man sich ein Jahr vor Beginn des Abschlussjahres informiert. Die Erfahrung lehrt uns, dass eine frühere Orientierung in Bezug auf präzise Fachrichtungen oder Universitäten wenig Sinn macht."

Tageblatt: Gibt es Studienrichtungen, in denen (aus Luxemburger Sicht) ein Mangel an Studenten vorherrscht?

François Biltgen: "Für naturwissenschaftliche Fächer begeistern sich nach wie vor nur wenige Jugendliche. Und an Mathematikern besteht ein akuter Mangel. Wobei ich präzisieren muss, dass wir nicht, wie von verschiedenen Seiten suggeriert, die Vergabe von Stipendien von der Studienrichtung abhängig machen wollen oder werden. Jeder soll studieren können, was er will. Unsere Rolle besteht darin, zu informieren, so dass er dies 'en connaissance de cause', also in Anbetracht der jeweiligen beruflichen Möglichkeiten machen kann."

Tageblatt: Eine Reform der Orientierung ist in Planung. Können Sie uns etwas dazu sagen?

François Biltgen: "Ein erster Schritt in Sachen Reform der Orientierung wurde mit der Inbetriebnahme der Internetseite www.anelo.lu getan. Diese fasst online alle Abteilungen des Cedies (Centre de documentation et d'information sur Penseignement superieur) und die dort erhältlichen Informationen noch einmal zusammen. Ansonsten werden wir als Hochschulministerium in Zusammenarbeit mit den Ministerien für Bildung und Arbeit noch in diesem Jahr konkrete Vorschläge bezüglich der Schaffung einer permanenten zentralen Informationsstelle mit regionalen Zweigstellen vorlegen."

Tageblatt: Die Luxemburger Stipendien für Doktoranden und Post-Doktoranden wurden im vergangenen Jahr im positiven Sinne reformiert (diese gelten jetzt als Arbeitsverträge), und was die staatlichen Finanzbeihilfen anbelangt, gibt es in keinem Land derart gute Bedingungen. Dennoch könnte der Prozentsatz der Hochschulabsolventen besser sein. Wo liegt das diesbezügliche Problem?

François Biltgen: "Es stimmt. Die Unterstützung für Studenten ist sehr gut. Anders als in anderen Ländern muss hierzulande allgemein keiner aus finanziellen Gründen auf ein Hochschulstudium verzichten. Das Problem ist ein anderes, ein doppeltes, eins, das ich in meiner Funktion als Hochschulminister alleine nicht lösen kann: Grundvoraussetzung für mehr Hochschulabsolventen sind mehr Abiturienten. Dieses Ziel kann aber nur über die Grundschule und den Sekundarunterricht erreicht werden. Daher auch die Wichtigkeit der diesbezüglichen Reformen, vor allem die geplante Reform der Oberstufe. Gleichzeitig besteht aber auch eine gewisse Schwellenangst, also die Angst davor, ein Studium in einem fremden Land aufzunehmen. An dieser Stelle kann die Universität Luxemburg eine entscheidende Rolle spielen. Auch wenn es nicht ihre direkte Aufgabe ist und sie nicht alle Studienrichtungen anbietet, so kann sie dazu beitragen, den betroffenen Personen ihre 'Angst' vor Hochschulen zu nehmen."

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